Momentane Situation Geflüchteter durch das Coronavirus
Während der Corona Pandemie ist das Thema Flüchtlinge in den Hintergrund geraten. Viele Menschen denken nicht mehr an die Lage der Geflüchteten und der Menschen in Krisengebieten oder schwierigen Lebensbedingungen. Dies heißt zwar nicht, dass generell den Menschen Asyl verwehrt wird, jedoch wurden in letzter Zeit deutlich weniger Menschen aus Flüchtlingslagern von griechischen Inseln wie Moria in Länder der EU aufgenommen. Und das, obwohl es derzeit so viele Flüchtlinge gibt, wie noch nie zuvor.
Mina und ich haben mit einem Geflüchteten aus Afghanistan ein Interview über seine Flucht gemacht. Er heißt Zabi, ist 22 Jahre alt und lebt seit 6 Jahren in Hannover.
In Afghanistan gibt es viele Konflikte zwischen verschiedenen ethnischen Völkergruppen.
Zabi gehört zu den Hasara, einer ethnischen Minderheit. Diese wird durch die Paschtu, einer weiteren ethnische Gruppe (zu denen auch die Taliban gehören), ständig bedroht. Zudem ist er Schiit. Die meisten Afghanen gehören den Sunniten an (einer Glaubensrichtung des Islam).
Zabis Muttersprache ist Dari, der größte Teil der Afghanen spricht jedoch Paschtu.
Aus diesen vielen Gründen war Zabi nicht mehr sicher in seiner Heimat.
Inzwischen hat sich die Lage in Afghanistan noch weiter verschlechtert. Die Taliban haben mehr Macht erlangt und es herrscht Krieg. Die Einwohner Afghanistans müssen sich ständig vor Gewalt und Entführungen fürchten.
Interview:
Wie war dein Leben vor der Flucht?
Ich konnte nur bis zur 3. Klasse die Schule besuchen. Jedes Mal wenn ich dorthin ging, hatte ich Angst vor Explosionen und Übergriffen. Danach musste ich als Automechaniker arbeiten, um Geld zu verdienen, mit dem ich meiner Familie Nahrung kaufen konnte.
Mein Vater ist als Soldat aus dem Krieg nie mehr zurückgekommen.
Wie alt warst du, als du geflohen bist?
Ich war 12 und wurde bald 13 Jahre alt.
Bist du alleine geflohen?
Nein. Meine zwei Brüder sind mit mir geflohen.
Wie hast du die Flucht finanziert?
Meine Mutter hat unser Haus verkauft, damit wir die Schleuser bezahlen konnten. Sie ist alleine in unserer Heimat Kabul, der Hauptstadt von Afghanistan, geblieben und ich weiß nicht, ob sie noch lebt.
Welche Länder hast du auf deiner Flucht durchquert?
Wir sind 2011 von Afghanistan zu Fuß und mit Auto durch die Berge nach Pakistan gekommen. Manche sind dabei abgestürzt, da wir auch nachts entlang der Abhänge mussten. Einmal sind wir durch ein Dorf gekommen, wo wir von Kindern und Erwachsenen mit Steinen beschossen wurden. Sogar auf Kinder schossen sie Steine.
Von Pakistan sind wir zu 16. in dem Kofferraum eines PKW in den Iran gekommen. Wir waren 7 Stunden in Koffern eingequetscht. Das war richtig schlimm.
Von dort aus sind wir 2012 weiter in die Türkei gekommen, weil wir im Iran nicht bleiben durften. In der Türkei war ich nur zwei Wochen.
Als wir von Istanbul nach Griechenland fuhren, kam ich in ein anderes Auto, als meine beiden Brüder. Das war das letzte Mal, dass ich sie sah.
In Griechenland habe ich versucht, meine Brüder zu finden. Ich habe in einer Wohnung gelebt und zwischenzeitlich in einem Park, da ich kein Geld hatte.
Nach einem halben Jahr musste ich in ein Heim für Geflüchtete. Es war wie ein Gefängnis. Man durfte es nicht verlassen und es gab viel zu wenig Essen. Ein halbes Jahr später kam ich endlich raus, musste aber in Griechenland bleiben. Trotzdem floh ich weiter nach Italien. Um dort hin zu kommen musste ich mich unter einem LKW festhalten. Es war Dezember und sehr kalt. Ich hatte kaum mehr Kraft, um mich festzuhalten. Der LKW war 56 Stunden auf einem Schiff, danach war ich in Italien.
Dort gab es eine Kontrolle und ich wurde gefunden, von Öl und Dreck bedeckt. Ich hatte Angst zurückgeschickt zu werden, aber ich hatte Glück. Die Zwei Polizistinnen waren sehr nett und besorgten mir Essen, Klamotten und eine Unterkunft. Außerdem gaben sie mir 200 Euro, mit denen ich in die Schweiz weiter konnte. Bevor ich in die Schweiz weiterreiste, habe ich noch einen Monat lang auf einer Olivenplantage gearbeitet, um mehr Geld zu verdienen.
Ich fuhr darauf mit einer Fahrkarte in die Schweiz, da dort ein Freund von mir war. Ich blieb dort eineinhalb Jahre, dann wurde aber mein Asylantrag abgelehnt.
In Deutschland lebt ein Cousin von mir und ich konnte zu ihm. Dort wurde mein Asyl angenommen. Seit sechs Jahren wohne ich jetzt schon in Hannover.
Ich bin nicht bei meinem Cousin geblieben, sondern wohne bei einer Gastfamilie.
Wie ist es in Deutschland weiter gegangen?
Ich habe es geschafft einen Hauptschulabschluss zu machen. Danach habe ich eine Ausbildung als Fahrzeugbauer angefangen und dieses Jahr im Januar abgeschlossen. Seitdem arbeite ich als Automechaniker.
Ich mache viel Sport, zum Beispiel Klettern, Schwimmen und Inlineskaten. Mit meiner Gastfamilie war ich schon im Urlaub und habe Skifahren und Snowboarden gelernt. Außerdem war ich in einem Zirkus und in einer Theatergruppe, in der ich andere Geflüchtete kennengelernt und Freunde gefunden habe.
Wie hast du so gut Deutsch gelernt?
Ich habe im ersten Jahr fast gar nichts verstanden, weil Deutsch sehr schwer ist. Aber dank meiner Gastfamilie kann ich die Sprache inzwischen viel besser. Auch Sprachkurse und Medien wie YouTube und Fernsehen haben mir dabei geholfen.
Ist Deutschland so, wie du es dir vorgestellt hast?
Ja. Es ist genau, wie ich es mir vorgestellt habe. Ich bin sehr glücklich hier zu sein und konnte es zum Anfang gar nicht glauben. Ich dachte es wäre nur ein Traum und konnte mir nicht vorstellen, wie ich die Flucht überlebt habe. Ich wäre so oft fast gestorben.
Vermisst du deine Familie?
Ja, ich denke oft an sie. Seit zehn Jahren habe ich meine Familie nicht mehr gesehen. Ich suche sie noch immer über zwei Organisationen, habe aber noch keine Nachricht bekommen.
Wie geht es dir, wenn du an deine Flucht denkst?
Ich hatte oft Albträume von der Flucht und von Afghanistan. Aber inzwischen geht es mir besser und mir fällt es auch leichter von meiner Geschichte zu erzählen.
Fazit:
Man kann Menschen in Krisengebieten auf verschiedenen Wegen helfen. Es gibt einige Organisationen die sich genau darauf spezialisiert haben. Wenn man diese unterstützt, lässt sich in einigen Fällen verhindern, dass Menschen ihre Heimat verlassen müssen. Es besteht beispielsweise die Möglichkeit Menschen mit Spenden in Form von Patenschaften zu unterstützen. Dies schafft eine bessere Lebensgrundlage und die Menschen können sie sich zum Beispiel Nahrung und Schulbildung leisten.
Geflüchteten kann man helfen indem sie in Deutschland oder anderen sicheren Ländern Asyl bekommen. Ehrenamtlich kann man auch einiges bewirken, beispielsweise Sprachkurse geben, Unterkünfte anbieten oder bei verschiedenen Angelegenheiten unterstützen und begleiten.
Auch Spenden in Form von lebensnotwendigen Dingen sind bei den meisten Geflüchteten willkommen, da sie für ihre Flucht den Großteil ihres Besitzes aufgeben mussten.
von Mina und Marla