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Die Macht von Katar über den modernen Fußball

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Katar ist ein Emirat an der Ostküste der arabischen Halbinsel, es liegt auf einer Landzunge im persischen Golf. Selbst die Metropolregion Hamburg ist zweieinhalb mal größer als das Wüstenemirat. Das Land ist durch Erdöl und Gas reich geworden. Zukünftig will sich aber Katar unabhängig von Erdgas und Erdöl machen. Der Plan vom Emir namens Tamim bin Hamad Al Than, dem Oberhaupt der Königsfamilie: Sie investiert nun viel mehr Geld in Bildung, Kultur, Hightech und Sport. 

Das Al-Wakrah-Stadion in einer Illustration https://www.kicker.de/xxl-wm-2022_bis-zu-sechs-spiele-am-tag—weiterer-ausrichter-gesucht-744336/artikel

2015 richtete Katar die Handball WM aus und 2019 die Leichtathletik WM. In diesem Jahr wird die Fußball Weltmeisterschaft im Wüstenemirat stattfinden. Bei der Weltmeisterschaft soll die Welt sehen was Katar kann und schon jetzt kennt jeder, der sich für Fußball interessiert das Wüsttenemirat. Jedoch ist das Land in der Vergangenheit nicht immer positiv ausgefallen. Kritik gibt es schon seit der Vergabe. 2010 verkündete der damalige Fifa Präsident Sepp Blatter überraschend, dass die WM 2022 an Katar geht. Viele Experten vermuteten hingegen, dass die WM in den USA stattfinden wird. In der folgenden Zeit gab es viele internationale Korruptionsvorwürfe, die sich auch bewahrheiteten. Dies ist jedoch nichts neues, da auch die Weltmeisterschaften in Deutschland, in Südafrika, in Brasilien und in Russland erkauft worden sein sollen.

Die Whistleblowerin Phaedra Almajid arbeitete für das katarische Bewerbungskomitee und sie behauptete in Afrika bekamen drei Funktionäre Geld, je 1,5 Millionen Dollar. Dafür gaben sie ihre Stimme an Katar. Sollte dies der Wahrheit entsprechen, so hätte Katar die Wahl nicht gewonnen. Aber später revidierte sie ihre Aussage, da Katar sie unter Druck gesetzt haben soll. Man drohte ihr angeblich mit einer Klage und wollte sie so in den finanziellen Ruin treiben. Dies erzählte die Whistleblowerin einmal in einem Interview. Jetzt lebt sie in den USA und wird dort vom FBI beschützt. Ob das was sie sagt wirklich der Wahrheit entspricht kann man jedoch nicht genau nachvollziehen. Diese Vorwürfe sind aber bei weitem kein Einzelfall. Auch in Südamerika sollen drei Funktionäre Millionen für ihre Stimme an Katar bekommen haben. Dies zeigt wiedermal, dass die FIFA korrupte Strukturen besitzt. Also besonders der Exekutiv-Ausschuss der FIFA, da nur sie mit dem FIFA Präsidenten abstimmen und hier eine bestimmte Summe an Geld mehr wert ist als die eigene Überzeugung und diese Entwicklung finde ich äußerst erschreckend, denn das Gegenteil sollte nunmal der Fall sein.

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass die WM nicht im Sommer stattfinden wird, da die durchschnittliche Temperatur im eigentlichen Zeitraum der WM bei über 30 Grad Celsius liegt. Aus diesem Grund hat man die WM in den Spätherbst verlegt, genauer gesagt wird diese zwischen dem 21. November bis zum 18. Dezember ausgetragen. Dies bringt auch Folgen für alle Fußballer mit sich, da die Spielpläne verschoben werden mussten. Vielleicht ist dies aber auch eine großartiges Debüt, da die Spieler mitten in der Saison noch fitter sind als nach ihr. Auf jeden Fall ist dies für die Spieler besser, als bei deutlich höheren Temperaturen im Sommer zu Spielen, auch wenn die Stadien sowieso vollständig klimatisiert sein werden. Deshalb werden diese vereinzelt auch als Riesenkühlschränke in der Wüste bezeichnet. Umweltfreundlich ist dies natürlich überhaupt nicht. Von den insgesamt acht Stadien, in denen die Weltmeisterschaft ausgetragen wird mussten sieben neue Fußballstadien gebaut werden. Diesen Zeitdruck spüren vor allem die Gastarbeiter an Leib und Seele.

Bauarbeiter im größten Stadion der WM, dem Lusail Stadium https://www.augsburger-allgemeine.de/sport/fussball-wm-2022-in-katar-stadien-in-diesen-arenen-findet-die-weltmeisterschaft-statt-id60625106.html

2015 war Norbert Blüm, ein ehemaliger Bundesminister für Arbeit und Soziales in Katar um sich die Lebensbedingungen der Arbeiter die für die WM 2022 arbeiten anzusehen, da ihm die Rechte der Arbeiter am Herzen liegen. Zudem was er dort entdeckte sagte er: „Zurück in die alte Sklavengesellschaft und das mit Hilfe des hoch angesehenen Fußballs.“ (Viele Szenen können sie unter dem folgenden Link sehen: https://www.youtube.com/watch?v=ZWZMLFTfmOM)

Doch wieso nehmen die Gastarbeiter solch eine weite Reise auf sich? Tatsächlich ist es so, dass die Gastarbeiter meist in ärmlichen Verhältnissen in ihren Heimatländern wie Indien, Pakistan und Nepal leben. Vielen wurde versprochen, dass sie in Katar deutlich mehr Geld verdienen als sie es zu Hause können. Deshalb nehmen sie die weite Reise auf sich und schließen einen Arbeitsvertrag ab. Für eine Vorauszahlung in Höhe von über 1000 US Dollar, was die Arbeiter selber bezahlen müssen, dürfen die Gastarbeiter schließlich nach Katar einreisen. Dort nahm ihnen in der Vergangenheit der Arbeitgeber den Pass ab. Ohne seine Erlaubnis durften die Arbeiter nicht das Land verlassen. Dies nennt man übrigens Kafala-System, also wenn der Arbeitgeber für einen bürgt. Dieses System ist zwar seit 2017 im Wüstenemirat verboten, wirklich kontrolliert wird dieses aber nicht. Die Arbeiter mussten häufig zwischen zwölf bis vierzehn Stunden am Tag arbeiten und dies sechs Tage die Woche und das bei Höchsttemperaturen von über 45 Grad C. Einige Gastarbeiter lebten im Dreck und auf engstem Raum. Dadurch können sich Krankheiten rasant ausbreiten. Sollte eine Person krank sein, so muss sie häufig trotzdem arbeiten und darf sich nicht ausruhen. Die schlechte Hygiene, die hohen Temperaturen, die Überarbeitung und Krankheiten haben mittlerweile laut Medienberichten über 15.000 Menschen das Leben gekostet haben. Die Dunkelziffer, so schätzt man sei noch deutlich höher. Doch schon jetzt kommen auf 380 Sitzplätze der WM ein toter Gastarbeiter. Eine erschreckend hohe Zahl, vor allem wenn man bedenkt, dass einige Arbeiter behaupten gar keinen Lohn zu erhalten. Die Gastarbeiter mit denen Norbert Blüm gesprochen hat haben wiederum erzählt, dass sie monatlich um die 200 Euro erhalten. Trotzdem muss man zu Gute heißen, dass es klare Normen und Vorschriften gibt. Jedoch bringen auch die strengsten Vorschriften nichts, wenn diese nicht gut kontrolliert werden. Die Behausungen der Arbeiter haben sich um ein Vielfaches in Punkto Fläche, Hygiene, Privatsphäre und dem Arbeiterwohl verbessert. Diese Normen sind jedoch eigentlich in den meisten Ländern der Welt Standart. Rechte haben die Arbeiter jedoch auch offiziell nicht wirklich. 

Beispiel einer Behausung der Gastarbeiter https://www.amnesty.ch/de/laender/naher-osten-nordafrika/katar/dok/2019/arbeitsmigranten-warten-auf-lohn-wm-2022

Dies alles hat natürlich zu negativen Schlagzeilen geführt, die auch Veränderungen mit sich brachten. Zum Beispiel wurden einige Vorzeige Behausungen für die Arbeiter gebaut. Die FIFA gab Katar eine gute Bewertung, unteranderem da man mit den Arbeiten schnell vorangekommen ist. Für den FIFA-Präsidenten Gianni Infantino ist die WM in Katar trotzdem eine ganz besondere. Dies betonte er schon mehrmals und bezeichnete sie als „beste WM aller Zeiten“. Zu den Todesfällen rund um den Bau der Stadien für das WM-Turnier äußerte er sich folgend: „Es sind drei Menschen, die gestorben sind. Drei sind drei zu viel.“ Er ist sich sicher dass die Vergabe an den den Wüstenstaat die Situation der Arbeiter deutlich verbessert hat. Der FIFA Chef äußerte sich auch mit „Es ist auch eine Frage des Stolzes und dass wir die Bedingungen für diese 1,5 Millionen Menschen ändern konnten, das macht uns auch stolz“. Auch letztens wurde er stark kritisiert, da er bezüglich des Krieges zwischen Russland und der Ukraine nicht von Angriffskrieg sprach, sondern nur sagte man solle den Frieden wiederherstellen. Zum Thema Rechte in Katar beklagt Amnesty International, dass jeder Mensch für die politische Meinung oder friedliche Aktivitäten willkürlich bestraft werden darf. Außerdem haben Frauen nur eingeschränkte Rechte. Zum Beispiel dürfen Frauen unter 25 nicht das eigene Haus ohne Erlaubnis verlassen und sollte ein Frau vergewaltigt werden und dies der Polizei melden droht ihr selbst eine Gefängnisstrafe, da sie außerehelichen Sex hatte. Zudem ist gleichgeschlechtliche Liebe verboten, man kann dafür ins Gefängnis kommen und sogar Peitschenhiebe kassieren.

Doch was passiert sonst so an Seiten von Katar für die Weltmeisterschaft im eigenen Land? Fakt ist, Fußball hat keine Tradition in Katar, sogar Kamelrennen sind beliebter. Jedoch ist Fußball für die Katar extrem lukrativ, da es viele Menschen interessiert und so versucht man in Katar jetzt auch die Superstars von Morgen heranzuzüchten. Das Land bildet viele Jungen aus der ganzen Welt im Fußball aus, indem sie erst gescoutet und dann nach Katar gebracht werden, mit der Hoffnung, dass sie in der Zukunft für die Nationalmannschaft von Katar spielen und so Katar ein noch viel größerer Name im Fußball wird. Wenn die Kinder aus einem anderen Land kommen sind sie nach zwei Lebensjahren in Katar also im Fußballcamp Aspire Academy berechtigt für Katar zu spielen. Dies machen dann einige die Spieler (für eine gewisse Geldsumme versteht sich). 

In Doha befindet sich das riesige und moderne Trainingszentrum, mit geschätzten Baukosten von 900 Millionen Euro.An diesem Ort verbringt auch der FC Bayern seit 2011 das Wintertrainingslager. Dort trainieren auch diejenigen, die bei der WM für Katar auflaufen werden.

Die Aspire Akademie aus der Luft https://backpagefootball.com/aspire-academy-qatars-future-of-football/30786/

2011 hat Katar den französischen Hauptstadtverein Paris Sant German kurz PSG gekauft. Mittlerweile hat das Emirat über 1.3 Milliarden Euro in den Verein investiert und ist damit bis jetzt ziemlich erfolgreich. Dort spielen die bekannten Fußballer wie Neymar, für den PSG 220 Millionen Euro Ablösesumme zahlte, Lionel Messi, der sieben mal mit dem Ballon d’Or, die Auszeichnung für den besten Fußballer des Jahres geehrt wurde und Kylian Mbappé, bei dem das Gehalt laut Medienberichten bei 100 Millionen Euro jährlich liegen soll. Bei solchen Summen kann kaum ein Verein mithalten, da Katar dambezüglich nicht wirklich wirtschaftlich handelt, sondern vor allem mit PSG sein Image verbessert so vermuten Experten.

Der amtierende 10 jährige deutsche Meister Bayern München will aus wirtschaftlichen Gründen darauf achten nicht von Investoren-Klubs wie PSG oder den Vereinen aus der Premiere League abgehängt zu werden. Ein Grund dafür, dass der Champions-League-Sieger von 2020 das Sponsoring von der staatlichen Airline Qatar Airways annahm, das vielfach kritisiert wird. Seit 2018 ist die Airline Sponsor des FC Bayern, der Fußballclub soll jährlich angeblich 20 Millionen Euro für das Sponsoring erhalten. Im Gegenzug dürfen die Bayern Stars das Wintercamp in Katar verbringen. Auch die Spielerinnen des FC Bayerns verbringen das Wintercamp in Katar. Offiziell ist der Grund: Der Frauensport in den arabischen Länder soll unterstützt werden. Die westlichen Werte also Respekt, Freiheit und Toleranz sollen unterstützt werden. Dies klingt erst einmal total positiv, am Ende geht es vielleicht nur um Marketing. Diese Aktion soll zeigen wie Weltoffen Katar ist und das auch mal Frauen kommen dürfen. Laut einigen Medienberichten kostet die Reise dem FC Bayern nichts. Finanziell loht sich also der Deal. 

14 Jahre lang war die Lufthansa Partner, jedoch zahlt Qatar Airways laut Medienberichten das Doppelte. Lufthansa begründete den Austritt damit, dass Katar unverhältnismäßig viel Geld bezahlt hat, bei dem die Lufthansa nicht mithalten kann. Kritiker bemängeln, dass der FC Bayern seine Seele verkauft, da Geld wichtiger ist als Moral und am Ende vergisst der Club Werte, für die er lange Zeit stand.

2013 sagte Franz Beckenbauer, der ehemalige Präsident des FC Bayern München nach einem Besuch in Katar zu einer kritischen Frage zum Emirat Katar: „Ich habe nicht einen Sklaven gesehen. Die laufen alle frei rum, weder in Ketten gefesselt noch mit irgendeiner Büßerkappe am Kopf.“ Das mag ja stimmen, denn in den fünf Sterne Hotels laufen natürlich nicht die Arbeiter herum, die die Stadien bauen.

Auf der Jahreshauptversammlung 2019 äußert sich auch der damalige Vorstandsvorsitzende Karl Heinz Rummenige zu der Kritik an Katar: „Der Dialog verbessert Dinge.. Kritisieren wie das ein bisschen hier in unserem Land regelmäßig stattfindet hilft nicht eine Situation zu verbessern oder zu verändern.“ Da bin ich anderer Meinung. Sollte man gewisse Dinge also tot schweigen, denn so verbessert sich erstrecht nichts. Als er einmal aus Katar zurückkam erwischte ihn der Zoll beim Schmuggeln von zwei Uhren der Marke Rolex mit einem Wert von über 100.000 Euro. Sie waren ein Geschenk der Katarer.

Ein weiterer Kritikpunkt der WM in Katar ist die Finanzierung von Terror. Talibanführer Abdul Ghani Baradar hat wahrscheinlich sehr gut in Doha im Exil gelebt genauso wie einige andere einflussreiche Taliban Anhänger. Deshalb ist Katar der wichtigste Standort der Taliban außerhalb von Afghanistan geworden. Mitte August letzten Jahres wurde er von der Luftwaffe von Katar nach Afghanistan geflogen, wo er die Regierung der radikal islamischen Taliban voranbringt. Unter seiner Führung haben die Taliban Afghanistan eingenommen, die Regierung gestürzt und ihren eigenen Willen mit drastischen Folgen für die Allgemeinheit umgesetzt. Zum Beispiel dürfen Frauen häufig nicht mehr arbeiten und müssen eine Burka in der Öffentlichkeit tragen.. zudem werden schwere Menschenrechtsverstöße begangen. Katar wird aber auch zu anderen Terrororganisationen eine direkte oder indirekte Verbindung nachgesagt wie zum Beispiel Al-Qaida, dem selbsternannten Islamischen Staat. 2017 haben deshalb Saudi Arabien, Ägypten, Bahrain und die vereinigten Arabischen Emirate ihre diplomatischen Verbindungen zu Katar abgebrochen, da sie nichts mit Terrorunterstützern zu tun haben möchten. Mittlerweile gibt es jedoch wieder diplomatischen Austausch und wirklich geändert hat sich wenig.

Eine Frage bleibt jedoch und zwar was mit den ganzen neuen Stadien nach der WM passiert? Genauer wissen wir das wahrscheinlich erst nach der WM, denn konkrete Pläne dafür gibt es noch nicht. Ich kann mir vorstellen, dass die Katarer die Stadien in Stand halten werden, denn genug Geld haben sie ja schließlich. Das ein Teil der Stadien nach der WM genutzt werden wird bin ich mir auch ziemlich sicher.

Computerbild des Stadions Al Shamal in Katar. Quelle: dpa
Computerbild des Stadions AL Shamal https://www.handelsblatt.com/politik/international/wm-in-katar-wenn-die-scheichs-ihrem-volk-ein-sportfest-kaufen/6673714.html

Einige Leute fragen sich was die beste Reaktion auf die WM 2022 ist. Ich persönlich werde die Weltmeisterschaft nicht vollständig boykottieren, sondern mir wenigstens die Zusammenfassungen zu einigen Spielen angucken. Die WM zu Boykottieren mag für alle Fußballfans schwer sein, aber wenigstens sich über das Geschehene bezüglich der Weltmeisterschaft in Katar zu informieren sollte meiner Meinung nach für jeden, der sich die Fußballspiele anschaut dazugehören.


2 Gedanken zu „Die Macht von Katar über den modernen Fußball“

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